Das grelle Licht der Scheinwerfer, welche die Einsatzkräfte des THW Karlsruhe in den Abendstunden am Freitag, dem 05.12.08, aufgestellt haben, versetzt das ehemalige Firmenareal der Südzucker AG bei Karlsruhe in eine surreale Atmosphäre. Waren hier vor über zehn Jahren noch eintausend Menschen damit beschäftigt, ganze Güterzüge mit Zuckerrüben auszuladen und zu verarbeiten, lassen die nun leer stehenden Fabrikhallen nur noch das geschäftige Treiben von damals erahnen. Die Natur beginnt, sich ihr Terrain zurückerobern - Moos und Birken wachsen selbst dort an den Stellen in den leeren Hallen, wo das Dach fehlt und den Blick auf den heutigen regenwolkenverhangenen Himmel ermöglicht. Lukas Groborz, der als gelernter Elektroniker bei den Stadtwerken Karlsruhe sich mit Leitstellentechnik befasst, wischt sich draußen in der Kälte das Regenwasser von der Stirn und prüft noch einmal die Position des Lichtmasts. Er und 40 Kollegen vom THW Karlsruhe und Niefern sind mit sieben Einsatzfahrzeugen und Spezialgerät angerückt und nutzen die idealen Übungsbedingungen der leerstehenden Fabrik: Zahlreiche Verletze, welche nach einer angenommenen Explosion auf dem Werksgelände verschüttet sind und auf Hilfe warten, müssen befreit und gerettet werden. Dabei gilt es nicht nur, technisches Können zu beweisen, sondern auch Einsatzkräfte und Rettungsgerät an mehreren Stellen zu koordinieren. „Im Ernstfall geht es darum, sich möglichst schnell ein Bild von der Situation zu verschaffen, um Hilfsmaßnahmen effektiv zu gestalten“, erklärt Jakobus von Geymüller, der die Übung mit geplant hat. Großschadenslagen mit sehr vielen Betroffenen stellen die Einsatzkräfte immer wieder vor die Herausforderung, die richtigen Entscheidungen zu treffen. „Die Angst, die falsche Entscheidung zu treffen, wollen wir mit solchen Übungen unseren Leuten nehmen“, so Martin Morlock, Leiter des THW Karlsruhe, der wie seine insgesamt 80 Karlsruher Kollegen viel Freizeit damit verbringt, mit technischem Spezialgerät umzugehen und damit im Einsatzfall kompetent helfen zu können. Nachdem die THWler an verschiedenen herausfordernden Einsatzstellen mit Presslufthammern Mauerdurchbrüche geschaffen, zahlreiche Lagemeldungen der provisorisch eingerichteten Führungsstelle übermittelt und Personen aus oben liegenden Stockwerken abgeseilt haben, konnten sie gegen 3 Uhr nachts nach vorheriger Stärkung aus der eigenen Feldküche zufrieden die Übung beenden. Sie freuen sich auf neue Kollegen in ihren Reihen, die sich wie sie im Sinne der Eigenverantwortlichkeit des Bürgers für ihre Mitmenschen einsetzen und damit die Basis für ein funktionierendes aktives Bürger-Staat-Verhältnis, in dem das ehrenamtliche Engagement als wichtiger Aktivposten notwendig ist, schaffen.