Zwei Mal ertönt das Hornsignal: das Zeichen, dass gleich gesprengt wird. „Alle Absperrposten sind auf Position“ bestätigt Jakobus von Geymüller, Einsatzleiter vom THW, die Sicherheit. Daniel Kuhn betätigt die Kurbel der Zündmaschine – „Fünf, vier, drei, zwei, eins, Zündung!“ – mehrere an ein Gebäude der ehemaligen Südzuckerfabrik in Waghäusel angebrachte Sprengladungen detonieren zeitgleich und reißen ein Loch in die Wand, so groß, dass Rettungskräfte zu verschütteten Personen vordringen könnten. Markus Reinhardt von der Universität Karlsruhe betrachtet zufrieden den Bildschirm des mitgebrachten Rechners, auf dem zahlreiche Messergebnisse der Sprengung dargestellt werden. Neben dem Schalldruck wurde auch die durch die Detonation verursachte Erschütterung gemessen. „Wir arbeiteten bereits seit vielen Jahren mit dem THW zusammen und untersuchen Möglichkeiten und Verfahren zur Menschenrettung“, so Michael Markus vom Institut für Technologie und Management im Baubetrieb der Uni, „hier wollen wir evaluieren, wie sich Sprengungen auf in Gebäuden eingeschlossene Personen auswirken. Durch Einbruchsprengungen darf die Stabilität des Gebäudes nicht geschwächt werden, um Einsatzkräfte nicht zu gefährden“.
Bei Großbränden wurde sprengtechnische Hilfe des THW bereits für ähnliche Aufgaben angefragt: Wenn ein Vordringen in Gebäude zur Brandbekämpfung erforderlich wird und technisches Gerät an seine Leistungsgrenzen stößt oder Schnelligkeit gefragt ist, wurden kontrolliert Öffnungen durch gezielten Einsatz von Explosivstoffen angelegt und ermöglichten der Feuerwehr die schnelle Einbringung von Löschmitteln, so dass hierdurch Schäden minimiert werden konnten.
Ziel der Veranstaltung, bei der sich neben zahlreichen Vertretern der Feuerwehr auch der stellvertretende Polizeipräsident von Karlsruhe, Roland Lay, mit seinen Kollegen ein Bild vor Ort mache, war es, Sprengladungen so zu dimensionieren, dass Splitterflug und Schall bei der Durchführung von Einbruchssprengungen minimiert werden. „Aus diesem Grund bleiben Teile der anzulegenden Wandöffnung noch bestehen und können jedoch leicht manuell entfernt werden“, erklärt Martin Morlock, Ortsbeauftragter des THW Karlsruhe, ein Sprengergebnis. Ebenfalls auf der Tagesordnung stand das Öffnen von Türen mit Hilfe von Plastiksprengstoff, um schnell in Gebäude vordingen zu können. Unterstützt wurden die Karlsruher dabei von THW-Spezialkräften aus Schorndorf und weiteren Sprengberechtigten aus Stuttgart, Überlingen, Pforzheim und Bautzen.
Auch die sprengtechnischen Aufgaben werden im THW durch ehrenamtlich tätige Mitarbeiter wahrgenommen, aufgrund der Komplexität dieser Aufgabe ist ein ständiger Austausch mit anderen THW-Sprengberechtigten und Organisationen erforderlich, jedoch stehen geeignete Übungsobjekte leider viel zu selten zur Verfügung. Die seit über zehn Jahren nicht mehr genutzten Fabrikhallen der ehemaligen Südzucker AG in Waghäusel boten dazu ideale Bedingungen für die rund 30 Versuchs-Sprengungen, bei denen 15 kg verschiedene Explosivstoffe, angefangen vom gelatinösen Gesteinssprengstoff bis zu hochbrisanten Semtex, gezündet wurden.
Rund 80.000 Mitarbeiter des THW, der Hilfsorganisation des Bundes, engagieren sich freiwillig in Einsätzen im In- und Ausland. Das THW Karlsruhe mit seinen rund 80 ehrenamtlichen Mitarbeitern, welche sich immer über neue Kollegen freuen, verfügt über zwei Sprengberechtigte, die angefordert werden können, wann immer ihr Wissen im Bereich der Gefahrenabwehr benötigt wird. So gehört das kontrollierte Niederlegen von baufälligen Gebäuden zum Standard-Leistungsspektrum der Karlsruher. Auch das Beseitigen von Stau-Eis und Treibgut vor Wehren und Brücken sowie die Beseitigung von Holz- und Metallkonstruktionen, Gesteins- und Felssprengungen sowie das Öffnen von Deichen bei extremen Hochwasserlagen zählt zu den Aufgaben des THW. Bei Bedarf erhalten die Karlsruher Unterstützung von anderen Sprengberechtigten aus dem Umland und können damit auch größere Maßnahmen durchführen.