Beengte Einsatzbedingungen

Umluftunabhängiger Atemschutz

Aufgleisen eines Güterwaggons

Einsatz von Greifzug und Hebewerkzeugen zum Aufgleisen

Vorbereitende Maßnahmen zur Deichverteidigung

Schlauchstrecke

Suche nach Alkohohl und brauchbaren Gegenständen durch molwanische Grenzbeamte

Ein Teil der Teilnehmer

Grenzgänger

Über die Landes- und Belastungsgrenzen hinweg sind am Wochenende rund 40 Einsatzkräfte des THW Karlsruhe, Bühl und Niefern gegangen. In der 20-stündigen Einsatzübung galt es ab Freitagabend, dem 29.4.11, verschüttete Personen zu befreien, Deiche zu sichern, Wagons aufzugleisen und nebenher Wasser über lange Strecken zu fördern.

Platzangst darf man keine haben: Senkrecht fällt der enge Schacht ab, um am Ende auf eine mit Hindernissen gefüllte Betonröhre zu müden. Lisa Uhl, seit einigen Jahren ehrenamtliche Einsatzkraft beim THW Karlsruhe, legt die Atemschutzmaske und die schwere Pressluftflasche an, um mit ihrem Kollegen Jan-Hendrik Sommerling auf den Weg unter Tage zu machen, den hinter den Trümmerteilen liegenden Verschütteten zu befreien. In der vernebelten Umgebung beträgt die Sichtweise quasi null Meter. Viel Zeit bleibt den beiden nicht, der in der Pressluftflasche mitgeführte Luftvorrat muss genügend Reserven für den Rückweg bieten: Eigenschutz der Rettungskräfte geht vor. Oben kümmert sich Stephan Waidmann ausschließlich für die Kontrolle der Atemluftvorräte. „Gerade wenn man kurz vorm Ziel ist, vergisst man die regelmäßige Kontrolle seiner Reserve“, so der Enddreißiger, der bereits über 20 Jahre beim THW ehrenamtlich mitwirkt, „deshalb muss über Funk der Kontakt zu den Kräften vor Ort gehalten werden.“ Das Vordringen zu verschütteten Personen und ihre Rettung ist eine der Kernaufgaben des THW. Da der Einsatz schwerer Maschinen viel zu gefährlich wäre, hat die klassische Handarbeit Vorrang. Unterstützend können zum Vordringen spezielle Geräte, die verhältnismäßig wenige Erschütterungen erzeugen, um Einsatz kommen, wie beispielsweise Betonkettensägen und Plasmaschneider. Gearbeitet wird in Zweierteams - zwei Einsatzkräfte arbeiten sich zu der zu rettenden Person vor, zwei Kollegen stehen als Sicherungstrupp draußen bereit.

Einen Kilometer weiter kämpfen Tom Schwald und THW-Kollegen aus Niefern mit dem Verlegen einer rund 1 200 Meter langen Schlauchstrecke zur Förderung von Wasser aus einem See. „Die Zusammenarbeit mit den Kollegen klappt gut“, so der 25-jähige Geografie-Student. Durch Kombination materieller Ressourcen und der Zusammenarbeit mit Einsatzkräften anderer THW-Dienststellen können auch größere Schadenslagen bewältigt werden. Obwohl aufgrund der Dunkelheit in den Nachtstunden etwas zögerlich lief, läuft anschließend doch alles planmäßig, 3000 Liter Wasser werden in der Minute befördert und somit das Übungsvorhaben „Löschwasserversorgung im Ausland“ erfüllt.

Noch während einige THW-Helfer gegen 5 Uhr morgens für zwei Stunden nach Dauereinsatz endlich Schlaf finden, öffnet Thilo Timke im benachbarten Kieswerk vorsichtig den Zweischalengreifer des THW-Radladers, um aufgenommenen Sand in sogenannte Big-Backs zu füllen. Er und seine Teamkollegen der Fachgruppe Räumen prüfen, wie diese Großgebinde mit einer Aufnahmekapazität von ca. einem Kubikmeter Schüttgut sich am besten für die Stabilisierung durchnässter Deiche eignen. Sind Deiche lang anhaltendem Hochwasser ausgesetzt, kann aufgrund Durchfeuchtung die Standsicherheit des Deiches gefährdet werden - Sickerwasser kann den Boden auf der zum Wasser abgewandten Seite heben. „Um die Gefahr dieses ‚hydraulischen Grundbruchs‘ zu bannen, gilt es, schnell und ausreichend Füllmaterial herbeizuführen“, so Stephan Hellinger, „reguläre Sandsäcke sind zwar leichter zu handhaben, ihr Einbau ist jedoch im Gegensatz zu den Big-Packs zeitaufwändiger.“

Marcus Weckenmann sitzt derweil im Führungsfahrzeug und koordiniert mit seinem Kollegen Andreas Kahrman die verschiedenen Einsatzstellen. Eine Lagekarte verrät den Stand der Arbeiten. So zum Beispiel auch über den Fortschritt der Aufgleisung zweier „verunglückter“ Güterwaggons. Da ein handelsüblicher Aufgleissatz fehlt, ist viel Improvisationsgeschick erforderlich. Mit Hilfe von Hydraulikzylindern und pressluftbetriebenen Hebekissen, unterstützt durch Seilzüge, werden die Waggons wieder auf die Schiene gestellt.

Am Samstagmorgen ist allen Beteiligten, die teilweise ohne Schlaf  anpackten, ihre Erschöpfung anzusehen.

Unermüdliche Vorarbeit hatte der Organisator der Übung, Jakobus von Geymüller, geleistet: Gespräche mit Grundstücksbesitzern mussten geführt, Behörden informiert, Anträge gestellt und Material eingekauft werden, um den Rahmen der fiktiven Auslandsübung in Molwanîen *), dem Land des schadhaften Lächelns, anspruchsvoll zu gestalten. Um den Übungsteilnehmern ein Gefühl der Probleme bei der Einreise ins Gastland zu vermitteln, forderten molwanische Grenzbeamte zum Unverständnis der Einsatzkräfte, die beteuerten, sie wollen doch ihren Bürgern Hilfe leisten, dennoch gnadenlos „Wegegeld“. Ein ihnen zuvor als Wegegeld akzeptierter 20-Liter-Vorratskanister wurde, weil E10-haltig, dann doch zurückgewiesen. Nur durch aufopferungsvolles Überlassen einiger seiner Steinchen Rosenquarz war es Marcus Weckenmann nach einstündiger defensiver Harmonisierungstendenz zu verdanken, dass der aus über zehn Fahrzeugen bestehende blaue Konvoi früh am späten Abend seine Fahrt zum Übungsgelände bei Achern fortsetzen konnte. An dieser Stelle vielen Dank an die vier Kollegen der Bundespolizei, die die Rolle als „extrem fiese“ molwanische Grenzbeamte trotz strömenden Regens gut spielten.

 

*) <link http: de.wikipedia.org wiki>de.wikipedia.org/wiki/Molwan%C3%AEen._Land_des_schadhaften_L%C3%A4chelns